Die Tiere

Ein besonderer Bestandteil des Schafpilgerns sind die Tiere. Wir Menschen teilen mit den Tieren eine jahrtausendealte Entwicklungsgeschichte und haben die mannigfaltigsten Beziehungsformen zu ihnen ausgeprägt. So vielfältig wie die Tierwelt ist, so vielfältig sind auch die Beziehungen zu ihr, egal ob es sich um domestizierte oder wilde Tiere handelt. Egal ob klein, groß, zu Land, zu Wasser oder in der Luft – all diese Daseinsformen haben Beziehungen untereinander. Und das auf so vielen unterschiedlichen Arten, wie man es auf den ersten Blick gar nicht vermuten möge. Dem Menschen in der Entwicklungsgeschichte am nächsten ist das Arbeitstier. Als Lasten- Zug- und Fortbewegungshilfe, Hütehund, Jagdhund, Schutzhund, Rettungshund, Therapiehund. Doch heutzutage wird in erster Linie an das Haustier gedacht, wenn es um Tierindividuen geht, mit denen man eine besonders tiefe emotionale Bindung eingeht. Die tatsächliche Abhängigkeit von tierischen Fähigkeiten und Talenten ist heute auf wenige Berufe beschränkt, sodass Haustiere aus Arbeitsgenetiken oftmals Fehlentwicklungen zeigen, da sie in ihrer reizarmen Umgebung ihr genetisch verankertes Potential nicht ausschöpfen können. Auch hier passen sich Mensch und Tier evolutionär an, denn aus ehemaligen Arbeitslinien werden Show-Linien gezüchtet und es geht nicht mehr um die direkte Kooperation mit dem Tier, sondern um seine Erscheinung und Ästhetik im Exterieur. Die Mensch-Tier-Beziehung wurde auf eine andere Ebene gebracht. Der Verlust von praktischer gelebter Alltagserfahrung in der Arbeit mit Tieren verändert unser Verhältnis zu ihnen, entfremdet uns diesen aber auch ein ganzes Stück. Wir sind nicht mehr auf Gedeih und Verderb einer guten Interaktion mit den Tieren ausgeliefert, was uns wesentliche Erfahrungen auf der Ebene der intuitiven Kommunikation beraubt. Wir schauen Tiere nur noch an, wir kooperieren nicht mehr mit ihnen, bzw. sind dazu nicht mehr in demselben Maße genötigt, als wenn wir mit ihnen gemeinsam ein Ziel erreichen müssten, was unser Überleben betrifft. Das wiederum fördert die tiefe Spaltung in „Haustiere“ und „wilde Tiere“. Diese simple Zweiteilung ist nicht wirklich adäquat, denn auch so manches heutiges Arbeitstier hat einen festeren Platz an der Sete seines Menschen und verbringt mehr Zeit des Tages mit diesem als manches Haustier eines modernen Menschen. In der Natur gibt es aber mannigfaltige Beziehungen zu Tieren. In unser jahrtausendealten gemeinsames Evolution standen uns die Tiere auch als Nahrungsmittel, Wärmequelle und Düngelieferanten zur Seite. Diese Vielschichtigkeit wird auch verloren, wenn man die heutige Entfremdung zu tierischen Nahrungsmitteln bedenkt. Während es früher überlebenswichtig war, zu wissen, wie man ein lebendes Tier in ein Nahrungsmittel verwandelt, wählt man heute winzige Teile eines Tieres mundgerecht in Plastik verpack an der Theke aus. Während wir die Haustiere vermenschlichen und manchesmal hätscheln, sie also selbst quasi überlebensunfähig machen, ignorieren wir auf der anderen Seite unzähliges Tierleid für unseren bedarfsgerechten Konsum. Was für eine verrückte Beziehung! Heutige Menschen spüren, dass da etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist und versuchen, Lösungen zu finden, was aber nicht ganz einfach ist in einer derart komplexen heutigen Welt. Und auch unsere Beziehungen zur Welt der wilden Tiere hat sich maßgeblich verändert. Sie werden idealisiert, als ultimatives Symbol der Freiheit in einer entfremdeten Welt. Oder sie sind mittlerweile einfach vergessen, nicht bekannt, nicht Teil des eigenen Lebens. Auch sie sind nicht mehr, was sie mal waren: Nahrung oder Gefahr in Form von Raubtieren – auch sie schauen wir nur noch an, wenn wir denn überhaupt von ihnen wissen.

All das ist natürlich zwangsläufig mit der Entwicklung und des Bevölkerungswachstums der Menschen entstanden und auch nicht mehr umkehrbar. Aber wir haben in dem ganzen einen ganz elementaren Beziehungsfaktor verloren, da die Tiere unseren Alltag in so wenigen Weisen begleiten. Wir haben kaum noch direkte Interaktion mit ihnen oder einfach nur stilles Nebeneinanderleben. Und somit verändert sich unser Verständnis der tierischen Welt und die ganz direkte emotionale Bezogenheit zu ihnen.

 

 

Tierisches Verhalten und menschliche Bezogenheit.

Ganz besonders im Leben mit Arbeitstieren wird es spürbar: Tiere lassen sich in ihrer direkten Interaktion sehr schlecht mit Worten manipulieren. Sie reagieren auf das tatsächliche Sein eines Menschen und auf das, was er (auch unbewusst) nonverbal kommuniziert. Gleichzeitig werten sie nicht und wählen den Kommunikationspartner Mensch nicht nach den gesellschaftlich üblichen, anerkannten Kriterien aus. Es ist ihnen egal, ob der Mensch jung, alt, hübsch, weniger hübsch, reich, arm, groß oder klein ist. Auch sind ihnen der Beruf, die Bildung, die Vorgeschichte, die Hobbys und die Lieblingsmusik egal – was für sie zählt, ist die Qualität der Beziehung, die sich mit diesem einen Menschen in diesem einen Moment durch adäquate Kommunikation gestalten lässt.

In diesem Zusammenspiel von einer Offenheit, die nicht wertet und dem Anspruch einer echten, kongruenten Kommunikation können wir Menschen etwas erfahren, wonach wir in unserer Alltagswelt oft suchen: dem So-Sein im hier und jetzt, dem angenommen sein, der Akzeptanz dessen, was ist. Gleichzeitig fordern die Tiere uns auf, unser Verhalten auf eine Art moralischen Prüfstein zu stellen, für welchen es aber keine detaillierten Anweisungen gibt. Das was geschieht, wird im Moment beurteilt und angepasst. Ein ganz natürliches Miteinander ergibt sich, welches wir Menschen oft erstmal wieder einüben müssen, denn durch gesellschaftliche Konventionen, Bedingungen und Befindlichkeiten können wir im Alltag dieses So-Sein oftmals nicht in einem Maße ausleben, wie es uns gut tun würde. und gleichzeitig zweifelt unser Verstand immer wieder und beschäftigt sich mit „Fragen der Haltung“ – Gesellschaft diskutiert, auch aus Unsicherheit heraus– im Leben mit Tieren ergibt sich aus dem konkreten Handeln heraus eine ganz natürliche Moral, ein Orientierungssystem, welches allen Kommunikationspartnern gut tut.

Besonders in der westliche-europäischen Welt leben wir nicht mehr so direkt und existenziell gebunden mit den Tieren, eine zwangsläufige Folge des Wohlstandes, indem man nicht mehr auf die eigene Kuh zur Versorgung mit Milch angewiesen ist oder auf ein paar Schafe, deren Wolle man im Winter zu Kleidung verarbeitet. Unsere westliche Welt hat zivilisatorisch viel erreicht und auch Armutszustände, die mit einem solchen Leben oft einhergingen, beendet und das ist gut und schätzenswert. Was wir in der heutigen Zeit aber immer wieder und vermehrt feststellen, ist dass wir auf der anderen Seite auch etwas verloren haben. Etwas, was nicht materiell bemessen werden kann und kaum greifbar ist wie ein Produkt der Tere – Fleisch, Wolle, Milch, Eier…. Es ist eine seelische Qualität unseres Lebens, welche uns immateriell mindestens genauso viel Ruhe, Zufriedenheit und Zuversicht gibt, wie ein sorgloses Leben mit materieller und gesundheitlicher Versorgung. Beide Aspekte sind wichtig und da wo das Gleichgewicht zerbricht, entsteht individuelles oder kollektives Leid. Burn-Out, Depression, Sinnlosigkeitsgefühle, Verzweiflung, Verunsicherung, Angsterkrankungen – Das Leid, welches sich auch daraus speist, dass wir uns nicht verbunden fühlen, geht als mentale und seelische Erkrankung durch Generationen in unterschiedlicher Ausprägung. Der intensive Kontakt mit Tieren verändert an diesen Zuständen oft viel. Durch ihre direkte Kommunikationsart auf allen Ebenen des Seins und ihre wertfreie Interaktion mit dem Menschen erlauben sie uns, für den kurzen Moment der Interaktion ebenso klar, ruhig, authentisch und akzeptierend zu sein. Einmal bewusst erfahren und wahrgenommen kann uns diese Erfahrung mit Tieren auch in unserem stressigen Alltag zur Ressource werden, wenn wir uns in diesen Momenten auf das Gefühl beziehen, welches wir durch die Tiere in uns spüren dürfen. Deswegen möchte ich mit Dir zu den Schafen pilgern und Dir die Möglichkeit bieten, bei den Schafen Dein ganz eigenes inneres Gleichgewicht wiederzufinden.

Tiere beim Schafpilgern

Natürlich steht da im Mittelpunkt die Schafherde, denn die ist das Ziel unserer Pilgerreise. Die Herde besteht aus xa. 45 Mutterschafen inklusive ihrer Nachzucht. Im Frühjahr und Sommer erleben wir dann eine 120 – 150 Kopf starke Herde aus Großen, mittleren und kleinen Schafen. Die Herde lebt fast ganzjährig draußen, nur zur Ablammperiode im Winter bekommen die Mutterchafe einen Offenstall zum Schutz der neugeborenen Lämmer.  Die Herde ist das Herz des Pilgerns.

Begleitet werden wir auf dem Weg von 2 Border Collies, den Arbeitshunden des Hofes. Border Collies sind Workingsheepdpgs aus dem Grenzgebiet zwischen England und Schottland und werden aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und ihres sanften Wesens auch in der deutschen Schafhaltung und Schäferei immer beliebter. Sie sind leichtführig, etwas sensibel, sehr inteligent und dem Menschen gegenüber stets freundlich. Um diese großartigen Leistungen ander Schafherde zu vollbringen brauchen sie aber auch ausdauer, schnelligeit, einen hohen Arbeitseifer und einen unbedingten Willen, die Aufgabe zuende zu bringen. Zusammen mit anderen Hochleistungsrassen sind sie sozusagen die „workaholics“ unter den hunden. Für usn Schäfer bedeutet dies aber einen unverzichtbaren Teil des Alltags, so manche Arbeit würden wir ohne unsere Hunde nicht oder nur sehr schlecht bewältigen können. Unsere Hunde sind die „Elitearbeiter“ in usnerer Schäferei, hochgradige Spezialisten, die mit Fähigkeiten ausgestattet sind, von denen wir Menschen nur träumen können. Gleichzeitig kooperieren wir Tag für Tag mit ihnen und durch dieses intensiver gemeinsame arbeiten entsteht oftmal ein tiefes Band zwischen Hund und Schäfer. Der Hund wird zur rechten Hand des Schäfers und ohne ihn wären wir manche Mal aufgeschmissen gewesen. Somit ist der fleißg areitnede Hütehund dann über die 10 oder 12 Jahre, die so ein Hund in einer Schäferei arbeiten kann, oftmals auch zu einem engen Vertrauten und Freund geworden. Natürlich werden wir solche Freunde auf die Pilgerreise mitnehmen.

Je nach Jhareszeit und je nach Situation werden wir es sicherlich auch erlben, dass wir auf andere Tiere aufmerksam werden. Ich erwähne sie ander Stelle, auch wenn sie nicht „meine“ Tiere sind, nicht domestiziert sind. Wir werden über die Flächen des Hofes wandern, über Wiesen und durch Wald. Eine kleine Runde durch meine Alltagswelt. Und auf diesem einfchen Weg begegnen einem immer wieder wilde Tiere, leine und große, am Boden und in der Luft. Oftmals ist usn gar nicht bewusst, von wievielen Tieren wir umgeben sind, wenn wir durch die Natur wandern, das Leben in den Großstädten schlißet Begegnungen mit wilden Tieren eher aus.

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