Reconnection

„Heilung ist das Erinnern an unser Natursein.“

Jede Antwort liegt bereits in uns – aber am besten können wir in der Stille hören. In heutigen Zeiten bedarf es manchmal ein wenig Begleitung, um in Verbundenheit zuhören zu können. Tiere und Pflanzen sind sanfte und starke Begleiter zugleich. Doch wie geschieht Rückverbindung in einer Welt, die darauf basiert, dass der Mensch sich enthoben hat vom verwoben sein mit seiner Umwelt?

Was wir vor allem brauchen, ist die Bereitschaft zum Dialog. Mit uns selbst, mit der Umwelt, mit den Wesen die uns begegnen. Das kann auf vielfältige Weise geschehen, für das Schafpilgern beschreibe ich den Weg der Rückverbindung über 2 große Aspekte:

Dialog

Auf dem Weg gibt es keine vorgeschriebenen Stationen, gleichsam erfüllt sich eine Reise, auf der Erkenntnisse stattfinden. Wenn wir losgehen, sind wir völlig abhängig vom Tag – Jahreszeit, Wetter, Vegetationsperiode, Lebensphase der Tiere. All das hat Einfluss auf unser Befinden und bedingt, wie wir uns zusammen fortbewegen. Aufmerksam zu werden für das Gefühl, welches aus dieser multifaktoriellen Umwelt in uns entsteht, ist meist der beste Beginn für eine solche Reise. Sich einmal gemeinsam bewusstwerden, was „die Natur um uns herum in uns entfacht“ und gleichzeitig lernen abzugrenzen, welche individuelle Färbung jedes Lebewesen durch seine persönliche Geschichte dem Ganzen gibt. Das wird unser Gepäck sein. Wer sich einmal die Ruhe nimmt, um all das einen Moment lang zu betrachten, wird feststellen, dass das schon eine ganze Menge ist, die in unserem Alltag oft untergeht, weil wir schlichtweg keine Kapazitäten mehr dafür haben. Zu entdecken, welch reichhaltige Welt uns dabei verloren geht, berührt die allermeisten Menschen. Gleichzeitig bedeutet dieser eine Moment in der Natur einen Augenblick der Fülle. Es ist bereits alles vorhanden, was wir suchen und brauchen. Und genau das ist oft der Punkt, an dem auch innere Prozesse angestoßen werden können, die zu mehr innerer Ruhe und einem Gefühl von einer inneren Zufriedenheit führen können. Meist kommt das durch das Zwiegespräch mit der Natur, was dann entsteht. Wenn uns diese reichhaltige Welt einmal aufgeht und wir uns darauf einlassen, dann werden wir noch aufmerksamer und bekommen oftmals wie bei einem inneren Dialog auch Eindrücke, die uns wie „Antworten auf noch nicht zuende gestellte Fragen“ vorkommen. Wir sind angekommen im Gespräch mit der Natur. Wir haben eine Rückverbindung erlangt, nach der wir uns sehen und von der wir niemals dachten, dass es im Prinzip so einfach sein kann.

Da unser Dialog mit Mutter Erde ein wenig intensiver sein darf, werde ich Euch mehr von den Hintergründen der Naturprozesse erzählen, Euch Pflanzen oder Tiere vorstellen, die uns auf dem Weg begegnen, Euch dazu ein paar kleine Geschichten erzählen. Man staunt oft, wie viel es zu erzählen gibt, da jede Pflanze und jedes Tierchen eine jahrtausendealte Evolutionsgeschichte mit uns teilt. Wir sind mit allem um uns herum viel mehr verbunden, als uns bewusst ist und der heutige Mensch wurde oftmals der Möglichkeit beraubt, einige ruhige Momente in dieser Verbundenheit zu verbringen oder hat lediglich eine kleine Kompensation in Form von Bildern, Texten und Medien. Es ist etwas anderes, das eine Zeitlang ganz real spüren zu dürfen, ohne dass es einem konkreten Ziel folgen muss, weil hier kein Ergebnis erwartet wird. Einfach sein und fühlen und das Gespräch mit Mutter Natur geschehen lassen.

Die Forschung bestätigt diese positiven Aspekte vom achtsamen Aufenthalt in der Natur. Farben, Licht, Düfte und Töne berühren uns „live“ noch einmal anders als nur medial konsumiert. Diese direkte Wirkung lässt sich körperlich messen: Blutdruck und Herzschlag beruhigen und rhythmisieren sich, Schmerzempfindungen lassen nach, Glückshormone werden ausgeschüttet. Ganz besonders wirkungsvoll ist die Begegnung mit Tieren. Schon 10 Minuten positiven Kontakt und Streicheln des Tierfells lösen Oxytocin-Ausschüttung aus, das Immunsystem wird angeregt. Diese Begegnungen mit einer nicht menschen-dominierten Welt scheinen unser gesamtes körperliches und mentales Wohlbefinden zu steigern. Ich nenne es pilgern – zu meinem vertrauten Gespräch mit Mutter Erde.

Tierisches Verhalten und menschliche Bezogenheit.

Ganz besonders im Leben mit Arbeitstieren wird es spürbar: Tiere lassen sich in ihrer direkten Interaktion sehr schlecht mit Worten manipulieren. Sie reagieren auf das tatsächliche Sein eines Menschen und auf das, was er (auch unbewusst) nonverbal kommuniziert. Gleichzeitig werten sie nicht und wählen den Kommunikationspartner Mensch nicht nach den gesellschaftlich üblichen, anerkannten Kriterien aus. Es ist ihnen egal, ob der Mensch jung, alt, hübsch, weniger hübsch, reich, arm, groß oder klein ist. Auch sind ihnen der Beruf, die Bildung, die Vorgeschichte, die Hobbys und die Lieblingsmusik egal – was für sie zählt, ist die Qualität der Beziehung, die sich mit diesem einen Menschen in diesem einen Moment durch adäquate Kommunikation gestalten lässt.

In diesem Zusammenspiel von einer Offenheit, die nicht wertet und dem Anspruch einer echten, kongruenten Kommunikation können wir Menschen etwas erfahren, wonach wir in unserer Alltagswelt oft suchen: dem So-Sein im hier und jetzt, dem angenommen sein, der Akzeptanz dessen, was ist. Gleichzeitig fordern die Tiere uns auf, unser Verhalten auf eine Art moralischen Prüfstein zu stellen, für welchen es aber keine detaillierten Anweisungen gibt. Das was geschieht, wird im Moment beurteilt und angepasst. Ein ganz natürliches Miteinander ergibt sich, welches wir Menschen oft erstmal wieder einüben müssen, denn durch gesellschaftliche Konventionen, Bedingungen und Befindlichkeiten können wir im Alltag dieses So-Sein oftmals nicht in einem Maße ausleben, wie es uns gut tun würde.

Durch ihre direkte Kommunikationsart auf allen Ebenen des Seins und ihre wertfreie Interaktion mit dem Menschen erlauben sie uns, für den kurzen Moment der Interaktion ebenso klar, ruhig, authentisch und akzeptierend zu sein. Einmal bewusst erfahren und wahrgenommen kann uns diese Erfahrung mit Tieren auch in unserem stressigen Alltag zur Ressource werden, wenn wir uns in diesen Momenten auf das Gefühl beziehen, welches wir durch die Tiere in uns spüren dürfen. Deswegen möchte ich mit Dir zu den Schafen pilgern und Dir die Möglichkeit bieten, bei den Schafen Dein ganz eigenes inneres Gleichgewicht wiederzufinden.